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'Die Natur' - a poem after Goethe

Die Natur

Fragment [von Christof Tobler]

Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen - unvermögend aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hinein zu kommen.

Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen.

Sie schafft ewig neue Gestalten; was da ist, war noch nie, was war, kommt nicht wieder - alles ist neu, und doch immer das Alte.

Wir leben mitten in ihr und sind ihr fremde. Sie spricht unaufhörlich mit uns und verrät uns ihr Geheimnis nicht. Wir wirken beständig auf sie und haben doch keine Gewalt über sie.

Sie scheint alles auf Individualität angelegt zu haben und macht sich nichts aus den Individuen. Sie baut immer und zerstört immer, und ihre Werkstätte ist unzugänglich.

Sie lebt in lauter Kindern, und die Mütter, wo ist sie? - Sie ist die einzige Künstlerin: aus dem simpelsten Stoff zu den größten Kontrasten; ohne Schein der Anstrengung zu der größten Vollendung - zur genausten Bestimmtheit, immer mit etwas Weichem überzogen.

Jedes ihrer Werke hat ein eigenes Wesen, jede ihrer Erscheinungen den isoliertesten Begriff, und doch macht alles eins aus.

Sie spielt ein Schauspiel: ob sie es selbst sieht, wissen wir nicht, und doch spielt sie's für uns, die wir in der Ecke stehen.

Es ist ein ewiges Leben, Werden und Bewegen in ihr, und doch rückt sie nicht weiter. Sie verwandelt sich ewig, und ist kein Moment Stillestehen in ihr. Fürs Bleiben hat sie keinen Begriff, und ihren Fluch hat sie ans Stillestehen gehängt. Sie ist fest. Ihr Tritt ist gemessen, ihre Ausnahmen selten, ihre Gesetze unwandelbar.

Gedacht hat sie und sinnt beständig; aber nicht als ein Mensch, sondern als Natur. Sie hat sich einen eigenen allumfassenden Sinn vorbehalten, den ihr niemand abmerken kann.

Die Menschen sind alle in ihr und sie in allen. Mit allen treibt sie ein freundliches Spiel und freut sich, je mehr man ihr abgewinnt. Sie treibt's mit vielen so im Verborgenen, daß sie's zu Ende spielt, ehe sie's merken.

Auch das Unnatürlichste ist Natur, auch die plumpste Philisterei hat etwas von ihrem Genie. Wer sie nicht allenthalben sieht, sieht sie nirgendwo recht.

Sie liebt sich selber und haftet ewig mit Augen und Herzen ohne Zahl an sich selbst. Sie hat sich auseinandergesetzt, um sich selbst zu genießen. Immer läßt sie neue Genießer erwachsen, unersättlich, sich mitzuteilen.

Sie freut sich an der Illusion. Wer diese in sich und andern zerstört, den straft sie als der strengste Tyrann. Wer ihr zutraulich folgt, den drückt sie wie ein Kind an ihr Herz.

Ihre Kinder sind ohne Zahl. Keinem ist sie überall karg, aber sie hat Lieblinge, an die sie viel verschwendet und denen sie viel aufopfert. Ans Große hat sie ihren Schutz geknüpft.

Sie spritzt ihre Geschöpfe aus dem Nichts hervor und sagt ihnen nicht, woher sie kommen und wohin sie gehen. Sie sollen nur laufen; die Bahn kennt sie.

Sie hat wenige Triebfedern, aber, nie abgenutzte, immer wirksam, immer mannigfaltig.

Ihr Schauspiel ist immer neu, weil sie immer neue Zuschauer schafft. Leben ist ihre schönste Erfindung, und der Tod ist ihr Kunstgriff, viel Leben zu haben.

Sie hüllt den Menschen in Dumpfheit ein und spornt ihn ewig zum Lichte. Sie macht ihn abhängig zur Erde, träg und schwer, und schüttelt ihn immer wieder auf.

Sie gibt Bedürfnisse, weil sie Bewegung liebt. Wunder, daß sie alle diese Bewegung mit so wenigem erreicht. Jedes Bedürfnis ist Wohltat; schnell befriedigt, schnell wieder erwachsend. Gibt, sie eins mehr, so ist's ein neuer Quell der Lust; aber sie kommt bald ins Gleichgewicht.

Sie setzt alle Augenblicke zum längsten Lauf an, und ist alle Augenblicke am Ziele.

Sie ist die Eitelkeit selbst, aber nicht für uns, denen sie sich zur größten Wichtigkeit gemacht hat.

Sie läßt jedes Kind an sich künsteln, jeden Toren über sich richten, Tausende stumpf über sich hingehen und nichts sehen, und hat an allen ihre Freude und findet bei allen ihre Rechnung.

Man gehorcht ihren Gesetzen, auch wenn man ihnen widerstrebt; man wirkt nüt ihr, auch wenn man gegen sie wirken will.

Sie macht alles, was sie gibt, zur Wohltat, denn sie macht es erst unentbehrlich. Sie säumet, daß man sie verlange; sie eilet, daß man sie nicht satt werde.

Sie hat keine Sprache noch Rede, aber sie schafft Zungen und Herzen, durch die sie fühlt und spricht.

Ihre Krone ist die Liebe. Nur durch sie kommt man ihr nahe. Sie macht Klüfte zwischen allen Wesen, und alles will sich verschlingen. Sie hat alles isoliert, um alles zusammen- zuziehen. Durch ein paar Züge aus dem Becher der Liebe hält sie für ein Leben voll Mühe schadlos.

Sie ist alles. Sie belohnt sich selbst und bestraft sich selbst, erfreut und quält sich selbst. Sie ist rauh und gelinde, lieblich und schrecklich, kraftlos und allgewaltig. Alles ist immer da in ihr. Vergangenheit und Zukunft kennt sie nicht. Gegenwart ist ihr Ewigkeit. Sie ist gütig. Ich preise sie mit allen ihren Werken. Sie ist weise und still.

Man reißt ihr keine Erklärung vom Leibe, trutzt ihr kein Geschenk ab, das sie nicht freiwillig gibt. Sie ist listig, aber zu gutem Ziele, und am besten ist's, ihre List nicht zu merken.

Sie ist ganz, und doch immer unvollendet. So wie sie's treibt, kann sie's immer treiben.

Jedem erscheint sie in einer eignen Gestalt. Sie verbirgt sich in tausend Namen und Termen, und ist immer dieselbe.

Sie hat mich hereingestellt, sie wird mich auch herausführen. Ich vertraue mich ihr. Sie mag mit mir schalten. Sie wird ihr Werk nicht hassen. Ich sprach nicht von ihr. Nein, was wahr ist und was falsch ist, alles hat sie gesprochen. Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr Verdienst.

Nature

A Fragment [By Christof Tobler]

Nature! We are surrounded and embraced by her: powerless to separate ourselves from her, and powerless to penetrate beyond her.

Without asking, or warning, she snatches us up into her circling dance, and whirls us on until we are tired, and drop from her arms.

She is ever shaping new forms: what is, has never yet been; what has been, comes not again. Everything is new, and yet nought but the old.

We live in her midst and know her not. She is incessantly speaking to us, but betrays not her secret. We constantly act upon her, and yet have no power over her.

The one thing she seems to aim at is Individuality; yet she cares nothing for individuals. She is always building up and destroying; but her workshop is inaccessible.

Her life is in her children; but where is the mother? She is the only artist; working-up the most uniform material into utter opposites; arriving, without a trace of effort, at perfection, at the most exact precision, though always veiled under a certain softness.

Each of her works has an essence of its own; each of her phenomena a special characterisation: and yet their diversity is in unity.

She performs a play; we know not whether she sees it herself, and yet she acts for us, the lookers-on.

Incessant life, development, and movement are in her, but she advances not. She changes for ever and ever, and rests not a moment. Quietude is inconceivable to her, and she has laid her curse upon rest. She is firm. Her steps are measured, her exceptions rare, her laws unchangeable.

She has always thought and always thinks; though not as a man, but as Nature. She broods over an all-comprehending idea, which no searching can find out.

Mankind dwell in her and she in them. With all men she plays a game for love, and rejoices the more they win. With many, her moves are so hidden, that the game is over before they know it.

That which is most unnatural is still Nature; the stupidest philistinism has a touch of her genius. Whoso cannot see her everywhere, sees her nowhere rightly.

She loves herself, and her innumerable eyes and affections are fixed upon herself. She has divided herself that she may be her own delight. She causes an endless succession of new capacities for enjoyment to spring up, that her insatiable sympathy may be assuaged.

She rejoices in illusion. Whoso destroys it in himself and others, him she punishes with the sternest tyranny. Whoso follows her in faith, him she takes as a child to her bosom.

Her children are numberless. To none is she altogether miserly; but she has her favourites, on whom she squanders much, and for whom she makes great sacrifices. Over greatness she spreads her shield.

She tosses her creatures out of nothingness, and tells them not whence they came, nor whither they go. It is their business to run, she knows the road.

Her mechanism has few springs - but they never wear out, are always active and manifold.

The spectacle of Nature is always new, for she is always renewing the spectators. Life is her most exquisite invention; and death is her expert contrivance to get plenty of life.

She wraps man in darkness, and makes him for ever long for light. She creates him dependent upon the earth, dull and heavy; and yet is always shaking him until he attempts to soar above it.

She creates needs because she loves action. Wondrous! that she produces all this action so easily. Every need is a benefit, swiftly satisfied, swiftly renewed. Every fresh want is a new source of pleasure, but she soon reaches an equilibrium.

Every instant she commences an immense journey, and every instant she has reached her goal.

She is vanity of vanities; but not to us, to whom she has made herself of the greatest importance.

She allows every child to play tricks with her; every fool to have judgment upon her; thousands to walk stupidly over her and see nothing; and takes her pleasure and finds her account in them all.

We obey her laws even when we rebel against them; we work with her even when we desire to work against her.

She makes every gift a benefit by causing us to want it. She delays, that we may desire her; she hastens, that we may not weary of her.

She has neither language nor discourse; but she creates tongues and hearts, by which she feels and speaks.

Her crown is love. Through love alone dare we come near her. She separates all existences, and all tend to intermingle. She has isolated all things in order that all may approach one another. She holds a couple of draughts from the cup of love to be fair payment for the pains of a lifetime.

She is all things. She rewards herself and punishes herself; is her own joy and her own misery. She is rough and tender, lovely and hateful, powerless and omnipotent. She is an eternal present. Past and future are unknown to her. The present is her eternity. She is beneficent. I praise her and all her works. She is silent and wise.

No explanation is wrung from her; no present won from her, which she does not give freely. She is cunning, but for good ends; and it is best not to notice her tricks.

She is complete, but never finished. As she works now, so can she always work.

Everyone sees her in his own fashion. She hides under a thousand names and phrases, and is always the same.

She has brought me here and will also lead me away. I trust her. She may scold me, but she will not hate her work. It was not I who spoke of her. No! What is false and what is true, she has spoken it all. The fault, the merit, is all hers.